In Zei­ten des Fach­kräf­te­man­gels muss man als Arbeit­ge­ber schon froh sein, wenn man zusätz­li­che Arbeits­kräf­te wenigs­tens für ein paar Stun­den im Monat akqui­rie­ren kann. Ger­ne wird dann ein sog. Mini­job- Ver­hält­nis ver­ein­bart, um die Lohn­ab­rech­nung mög­lichst attrak­tiv für den Mit­ar­bei­ter zu gestal­ten.

Dass der Gesetz­ge­ber auch hier den Arbeit­ge­bern durch kom­pli­zier­te sozi­al-ver­si­che­rungs­recht­li­che Rege­lun­gen das Leben schwer macht, muss­te erst kürz­lich wie­der eine Berufs­aus­übungs­ge­mein­schaft (BAG) erfah­ren.

Das Lan­des­so­zi­al­ge­richt Nord­rhein-West­fa­len (Urteil vom 25.10.2023 — L 8 BA 194/21) hat­te über den Fall einer Mehr­fach­be­schäf­ti­gung mit zwei Mini­jobs zu ent­schei­den.

Sach­ver­halt:
Eine Medi­zi­ni­sche Fach­an­ge­stell­te (MFA) hat­te bereits eine ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Haupt­be­schäf­ti­gung und einen Mini­job bei ande­ren Arbeit­ge­bern. Der (zeit­lich) ers­te Mini­job wur­de mit mtl. ca. EUR 240,00 ver­gü­tet. Die BAG ver­ein­bar­te mit der MFA ein Gehalt, wel­ches ‑zusam­men­ge­rech­net mit den EUR 240,00 aus dem ers­ten Mini­job­ver­hält­nis- ins­ge­samt unter der Gering­fü­gig­keits­gren­ze lag.

Der Arbeit­ge­ber ent­rich­te­te für den Beschäf­ti­gungs­zeit­raum der Mit­ar­bei­te­rin die im Rah­men des Mini­jobs übli­chen Pau­schal­bei­trä­ge zur Kran­ken- und Ren­ten­ver­si­che­rung, sowie die pau­scha­le Lohn­steu­er. Im Rah­men einer Prü­fung wur­den von der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung für die streit­ge­gen­ständ­li­che Beschäf­ti­gung bei der BAG Bei­trä­ge nach­ge­for­dert. Die Ren­ten­ver­si­che­rung argu­men­tier­te, dass nur der ers­te Mini­job pau­schal­bei­trags­fä­hig sei. Dage­gen sei der hier zu beur­tei­len­de Mini­job ver­si­che­rungs­pflich­tig.

Hier­ge­gen klag­te die BAG. Das Sozi­al­ge­richt wies die Kla­ge ab. Die Beru­fung der Klä­ge­rin hat­te vor dem Lan­des­so­zi­al­ge­richt eben­falls kei­nen Erfolg.

Begrün­dung:
Grund­sätz­lich kön­nen zwar zwei Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­se, sofern die­se zusam­men­ge­rech­net unter der Gering­fü­gig­keits­gren­ze lie­gen, bei­de nach den Vor­schrif­ten für gering­fü­gig Beschäf­ti­gun­gen abge­rech­net wer­den.

Dies gilt jedoch nicht, wenn – wie im streit­ge­gen­ständ­li­chen Urteils­fall- eine sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Haupt­be­schäf­ti­gung der Arbeit­neh­me­rin besteht. Bei Vor­lie­gen einer sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Haupt­be­schäf­ti­gung kann nur der zeit­lich ers­te Mini­job als sol­cher abge­rech­net wer­den. Der zeit­lich nach­fol­gen­de Mini­job ist nach den Rege­lun­gen der Mehr­fach­be­schäf­ti­gung mit der Haupt­be­schäf­ti­gung zusam­men­zu­rech­nen und ver­si­che­rungs­pflich­tig abzu­rech­nen.

Das ergibt sich bereits aus § 8 Abs. 2 S. 1 SGB IV nach ‑wie das Gericht im Urteil sehr schön anmerkt-  „gram­ma­ti­ka­lisch-sys­te­ma­ti­sche Betrach­tung der nur müh­sam les­ba­ren Geset­zes­fas­sung.“

Wei­ter­ge­hen­der Hin­weis: Liegt zwar kei­ne sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Haupt­be­schäf­ti­gung vor, wer­den jedoch meh­re­re gering­fü­gi­ge Beschäf­ti­gun­gen bei ver­schie­de­nen Arbeit­ge­bern aus­ge­übt und dabei die monat­li­che Gering­fü­gig­keits­gren­ze bei Zusam­men­rech­nung über­schrit­ten, ver­lie­ren alle Beschäf­ti­gun­gen (also auch der zeit­lich ers­te Mini­job) den Gering­fü­gig­keits­sta­tus und müs­sen sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­tig nach den Rege­lun­gen der Mehr­fach­be­schäf­ti­gung abge­rech­net wer­den.
 
Fazit:
Das Urteil zeigt ein­mal mehr, wie wich­tig es ist, bei Arbeit­neh­mern im Vor­feld alle rele­van­ten Infor­ma­tio­nen z. B. auch in Bezug auf wei­te­re Beschäf­ti­gun­gen abzu­fra­gen und zu doku­men­tie­ren. Hier­zu ist die kon­se­quen­te Ver­wen­dung der gän­gi­gen Per­so­nal­fra­ge­bö­gen anzu­ra­ten.

Die Pflicht des Arbeit­neh­mers, die Auf­nah­me wei­te­re Tätig­kei­ten dem Arbeit­ge­ber umge­hend mit­zu­tei­len, soll­te im Arbeits­ver­trag schrift­lich ver­an­kert wer­den.
Erhält der Arbeit­ge­ber Infor­ma­tio­nen über spä­ter neu auf­ge­nom­me­ne wei­te­re Beschäf­ti­gun­gen des Mit­ar­bei­ters bzw. Ände­run­gen der bestehen­den wei­te­ren Beschäf­ti­gun­gen, soll­te er dies umge­hend sei­ner Lohn­ab­tei­lung wei­ter­lei­ten.
 
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